Dampfboote - Historisches - zusammengetragen von Rainer Radow

20.03.2010
zurück Vorherige Seite Dampfboot Register Nächste Seite weiter

Erste Dampfbeiboote 1857

"Der Brix" ist ein bekanntes Werk bei Bootsbauern. In dem Buch mit dem vollen Titel "Praktischer Schiffbau, Bootsbau" aus dem Verlag "Hütte" werden die verschiedenen Bootskonstruktionen behandelt und in sehr detaillierten Zeichnungen dargestellt. Dabei ist dem Dampfboot nur ein sehr kleines Kapitel gewidmet, das in erster Linie die Rumpfkonstruktion beschreibt. Trotzdem ist dieses Buch eine wichtige Quelle zum Dampfboot (siehe die nächsten Seiten).

Interessant ist es, die Inhalte der unterschiedlichen Ausgaben dieses Buchs zu vergleichen. In der ersten Ausgabe von 1878 war das Dampfboot ein modernes "motorisiertes" Fortbewegungsmittel. Die zweite Auflage übernahm die Texte und Bilder zum Dampfboot komplett. Die 3. und 4. Auflage liegt mir nicht vor. In der 5. Auflage von 1919 wird schon auf das Ausklingen des Dampfbootzeitalters hingewiesen. Die Marine hatte zu diesem Zeitpunkt bereits diverse Motorboote mit "Verpuffungsmaschinen" als Ersatz der Dampfboote eingeführt. In der 7. Auflage von 1929 kommt das Dampfboot schließlich nicht mehr vor.

Einleitend Zitiert Herr Brix eine französische Quelle aus dem Jahre 1867 [Brix1878, Seite 10 und 11]:

Dampfbeiboote
(nach: L'art naval à l'exposition universelle de Paris en 1867. par M. Le Vice-Amiral Raris.)

       Die Geschichte der Dampfbeiboote beginnt erst mit dem Jahre 1857, zu welcher Zeit Mazeline in Frankreich für einen Privatmann ein kleines, zur Beschiffung des Flüsschen la Vesle bestimmte Dampfboot baute, das in sofern das erste Fahrzeug jener Bootsclasse genannt werden kann, als nach ihm für die Dampfyacht „Jérôme Napoléon“ ein Dampfkutter – das wirklich erste mit Dampfmaschine versehene Schiffsboot – gebaut worden ist. Die hauptsächlichsten Constructionsdaten dieses letzteren, des Stammvaters der modernen Dampfbeiboote sind folgende:

Länge über Steven 8,5 m
Größte Breite 1,8 m
L/B 4,72
Tiefe im Hauptspant 1,0 m
Grösste Tauchung 0,65 m
Gewicht des Bootskörpers 1200 K.
Geschwindigkeit 7 ¼ Kn
Cylinderdurchmesser 0,20 m
Kolbenhub 0,15 m
Schraubendurchmesser 0,55 m
Schraubensteigung 1,10 m
Zahl der Umdrehungen per M. 245
Gewicht von Maschine und Kessel 1200 K.
Gewicht des Wassers im Kessel 375 K.

       Das Totalgewicht mit Maschine und Wasser gefülltem Kessel betrug also 2775 K. Der Erfolg dieses Bootes war epochemachend und andere Constructeure, zunächst allerdings wiederum Franzosen, folgten Mazeline auf der einmal betretenen Bahn.
       Mangin stellte sehr bald nachher, unter Assistenz von Gouin sechs Dampfbeiboote her, deren drei mit gewöhnlichen, die anderen drei mit Belleville-Stahlkesseln ausgerüstet wurden. Die wichtigsten Constructionsdetails der Letzteren sind folgende:

Länge über Steven 8,85 m
Größte Breite 2,15 m
L/B 4,1
Tiefe im Hauptspant 1,08 m
Tiefgang vorn 0,54 m
Tiefgang hinten 0,90 m
Areal des Hauptspantes 0,974 qm
Deplazement 5,167 T.
Gewicht des Bootskörpers 1983 K.
Cylinderdurchmesser 0,165 m
Kolbenhub 0,128 m
Schraubendurchmesser 0,7 m
Kesselhöhe 1,16 m
Kesseldurchmesser. 0,645 m
Dampfdruck in Atm. 6
Zahl der Umdrehungen per Minute 300
Gewicht der Maschine 415 K.
Gewicht des Kessels mit Rohrleitung 759 K.

       Verhältnismäßig spät erst folgte man in England dem gegebenem Beispiele und wiederum betrat ein Privatmann, Allibon in Greenwich, zuerst die Bahn. Das von ihm in Stahl gebaute Dampfbeiboot ging im Jahre 1866 in den Besitz der englischen Marine über, welche in Folge sehr schnell die allgemeine Anwendung der Dampfkraft zur Fortbewegung für die grösseren Schiffsbeiboote anordnete.
       Dampfbarkassen, Dampfpinassen und Dampfkutter sind heutigen Tages unter den Marinebooten vertreten.
       Die Dampfbarkasse (steam-launch; chalope à vapeur) ist vornehmlich in der französischen, russischen und österreichischen Marine in Gebrauch, wogegen
       die Dampfpinasse (steam-pinnance; grand canot à v.) die Dienste der ersteren in der heimischen und englischen Marine verrichten und
       der Dampfkutter (steam-cutter; canot à v.) in den meisten Marinen als zweites Dampfbeiboot und für die Zwecke von Commandanten, etwa als Depeschenboot, diente.


zurück Vorherige Seite Dampfboot Register Nächste Seite weiter
Bitte sendet mir Euren Kommentar zu meinen historischen Dampfbootrecherchen: rainer @ radow . org
Diese Seiten werden von Hannover aus erstellt und gewartet.