Dampfboote - Historisches - zusammengetragen von Rainer Radow

22.03.2010
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Dampfbeiboote der deutschen Marine 1911 - Bootsbau, A. Brix, 1911

1911 gibt es noch die Damfbeiboote der Klassen A, I, II und III. Die kleinere Klasse IV ist bereits entfallen. Brix berichtet hier auch über die Motorbeiboote – die durch ihren großen schornsteinartigen Auspuff auf dem vorderen Aufbau auch leicht als Dampfboote verwechselt werden können. Vorausschauend schreibt er: „Vielleicht ist das Motorboot berufen, allmählich nicht nur die Dampfbeiboote, sondern auch die Ruderboote für manche Zwecke zu ersetzen

[Brix1911, Seite 2 ff]:

           Dampfbeiboote.

                            a) Boote der Kriegsmarine
       Die vielseitigen Betriebsverhältnisse der Kriegsmarine haben zur Entwicklung einer größeren Anzahl verschiedener Bootstypen geführt, von denen jede ihren besonderen Zweck zu dienen hat. Im allgemeinen stimmen die Typen bei den verschiedenen Nationen ziemlich überein.

                           
 α) Dampfbeiboote
       In der deutschen Marine gibt es vier verschiedene Arten von Dampfbeibooten. Abb. 1 bis 3 geben die Haupteigentümlichkeiten der Dampfbeiboote der Klasse A, Abb. 4 bis 6 diejenigen eines solchen der Klasse I wieder. Die Boote der Klasse II und III sind kleiner, sonst aber ebenso eingerichtet wie diejenigen der Klasse I. Die folgende Tabelle enthält die wichtigsten Konstruktionsangaben über die Boote.

Dampfboot Radow

Dampfboot Radow

Dampfboot Radow

Dampfboot Radow

Dampfboot Radow

Dampfboot Radow

       Folgenden Verwendungszwecken müssen die Dampfbeiboote genügen:
       1. Der allgemeine Verkehrsdienst, die Beförderung von Personen und Nachrichten, erfordern ein schnelles, ausdauerndes Boot, dessen Betrieb die Mannschaft nicht zu sehr ermüdet. Dazu gehören auch die durch den maschinellen Antrieb gegebenen Möglichkeiten, andere Boote zu schleppen und so größere Menschenmassen oder Lasten sicher zu befördern. Ferner werden repräsentative Besuche der Befehlshaber und Offiziere durch den Gebrauch von Dampfbooten wesentlich erleichtert und sind mit geringerem Zeitverlust verknüpft als früher beim Betrieb mit Ruderbooten.
       2. Mit Dampfbooten lassen sich eine Reihe von militärischen Manövern vornehmen, die mit Ruderbooten gar nicht oder nur schwer durchführbar sind. Dazu gehören, abgesehen von der größeren Schnelligkeit und der schon erwähnten Möglichkeit, die Ruderboote bei Landungsmanövern zu schleppen, die wirksame Aufstellung und Ausnutzung von kleinen Geschützen, event. sogar von Torpedo-Ausstoßrohren, ferner der Verkehrs- und Wachdienst beim Scheibenschießen, das Einfangen abgeschossener Übungs-Torpedos, schließlich der Vorposten- und Patrouille- sowie Spreng- und Minensuchdienst.
       Bei der Konstruktion der Dampfbeiboote war außer auf die genannten Verwendungszwecke und die dadurch bedingten besonderen Einrichtungseinzelheiten besonders auf eine möglichst seefähige Form, eine feste und doch leichte Bauweise und auf möglichst gute Unterbringung der Räume für die Maschinenanlage, den Brennstoffvorrat sowie für den Transport von Offizieren und Mannschaften zu achten; geräumiger Decksplatz und ein guter Steuerstand für die Bedienungsmannschaft war vorzusehen. Es mußten besondere Verbände zur Aufnahme der Beanspruchungen durch die Gewichte und das Arbeiten der Maschinenanlage vorgesehen werden. Dies ist durch organische Verbindung der Maschinenfundamente mit dem übrigen Bootskörper und ihre Ausnutzung als Längsträger geschehen. Ferner sind die infolge der Maschinengewichte ziemlich beträchtlichen Beanspruchungen beim Aus- und Einkranen an Bord von großen Schiffen durch sachgemäße Anordnung von Diagonalschienen an der Außenhaut mit Augen für die Heißstroppen sowie durch passende Abspreizung der beiden Bordseiten gegen einander aufgefangen.

Klasse A I II III
Länge über Steven 16,00 m 10,00 m 9,00 m 8,00 m
Größte Breite auf den Planken 3,12 m 2,68 m 2,48 m 2,24 m
Seitenhöhe von Oberkante Dollbord bis Außenkante Sponung 1,40 m 1,27 m 1,20 m 1,07 m
Tiefgang vorn 0,90 m 0,79 m 0,79 m 0,70 m
Tifgang hinten 1,15 m 1,08 m 1,04 m 0,93 m
Kessel Wasser-rohrkessel Zylinderkessel mit durch- schlagender Flamme
Heizfläche 43,3 qm 16,74 qm 11,23 qm 7,12 qm
Rostfläche 1,08 qm 0,57 qm 0,42 qm 0,32 qm
Kesseldruck 12 Atm. 9 Atm. 9 Atm. 9 Atm.
Maschine 3f. Expans. Comp. Comp. Comp.
Indizierte Pferdestärke 170 30 20 20
Umdrehungen in der Minute 470 345 350 380
Schraube: Durchmesser 1,00 m 0,81 m 0,74 m 0,68 m
" Steigung 1,25 m 0,95 m 0,90 m 0,90 m
" Anzahl der Flügel 3 3 3 3
Geschwindigkeit 12 Kn 8 Kn 7,4 Kn 7 Kn
Gewichte: Leerer Bootsk. Einschl.



Heißpuffer 6.000 kg 2.200 kg 1.750 kg 1.550 kg
Maschine und Kesselanlage 7.600 kg 3.960 kg 3.030 kg 2.390 kg
Inventar (höchstens) 887 kg 1.162 kg 1.019 kg 808 kg
Geschützbewaffnung 157 kg 157 kg 157 kg 175 kg
Kohlen 2.000 kg 600 kg 430 kg 300 kg
Besatzung (1 Mann = 70 kg) 490 kg 420 kg 350 kg 350 kg
Gesamtgewicht 17134 kg 8.499 kg 6.736 kg 5.573 kg
Anzahl der außer der Besatzung bei mäßig gutem Wetter zu befördernden Mannschaft 35 25 20 15
Tragfähigkeit bei mäßigem Wetter und Seegang 3.150 kg 2.325 kg 1.875 kg 1.500 kg
Inventar



Bootsmanns - Inv. U. Takelung 463 kg 596 kg 494 kg 440 kg
Zimmermanns - Inventar 244 kg 282 kg 270 kg 250 kg
Sprengdienst - Inventar --- 150 kg 130 kg ---
Maschinen - Invantar 180 kg 134 kg 125 kg 118 kg
Zusammen 887 kg 1.162 kg 1.019 kg 808 kg
Preis 1): Boot 11.200 M 4.500 M 3.800 M 3.500 M
Maschinenanlage 36.000 M 11.000 M 9.700 M 8.700 M
Inventar 4.480 M 3.980 M 3.590 M 2.990 M
Zusammen 51.680 M 19.480 M 17.000 M 15.190 M
1) Der Reichs-Werften (1910)








                            β) Motorbeiboote
  
     Abb. 7 bis 12 zeigen als Beispiele drei in der deutschen Marine eingeführten Motorbeiboote. Die Tabelle enthält ihre Hauptangaben, die aber keine Normalien sind. Vielleicht ist das Motorboot berufen, allmählich nicht nur die Dampfbeiboote, sondern auch die Ruderboote für manche Zwecke zu ersetzen. Wie aus den Abbildungen zu ersehen ist, bedeutet die Verwendung des Motors eine ziemlich große Platzersparnis gegenüber der Dampfanlage. Es ist sogar möglich, ein Ruderboot, ohne ihm seinen Charakter und seine Vorzüge hinsichtlich Geräumigkeit und Tragfähigkeit allzusehr zu nehmen, mit einem Motor zu versehen. Durch die beträchtliche Gewichtsersparnis an der Maschinenanlage und an Brennstoffvorrat läßt sich gegenüber dem Dampfbeiboot eine derartige Gewichtsverminderung erzielen, daß die Verbände des Bootskörpers auch leichter gehalten und die Hauptabmessungen verringert werden können. Andererseits ist der Gewichtszuwachs bei Einbau eines Motors in Ruderboote noch nicht so beträchtlich, daß deren Abmessungen bedeutend vergrößert zu werden brauchen, bezw. das Fassungsvermögen für Besatzung allzusehr beeinträchtigt wird. Dazu kommt die rasche Betriebsbereitschaft, der einfache Betrieb und die bequeme Instandhaltung, die Ersparnis an Bedienungspersonal, die größere Geschwindigkeit und Ausdauer. Diesen großen Vorzügen stehen als Nachteil gegenüber: 1. die Feuergefährlichkeit des Brennstoffes einerseits für das Beiboot, andererseits für das große Schiff in Gestalt der mitzuführenden Brennstoffmengen für die Beiboote (bei Schweröl nicht wesentlich); 2. die beschränkte Betriebsmöglichkeit in Gegenden, wo es Benzin oder andere Motortreiböle nicht oder wenigstens nicht in genügender Menge gibt. Demgegenüber ist das Dampfbeiboot imstande, seinen Kessel mit Holz und anderen vorgefundenen Brennstoffen zu heizen; 3. die trotz aller Fortschritte der Technik noch immer vorhandene Empfindlichkeit der Motore (Über Motore im Kriegsschiffsdienst: Marine Rundschau 1907).
       Infolge des geringen Gewichtes der Motorbeiboote ist es auch möglich, die Bootskrane und Davids schwächer, d. h. leichter zu konstruieren und dadurch wieder Gewicht für das große Schiff zu sparen.

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