Dampfboote - Historisches - zusammengetragen von Rainer Radow

21.03.2010
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Die Dampfboote 1929 - Leitfaden für den Dienstunterricht in der Reichsmarine

Der dritte Teil „Maschinendienst an Bord“ des „Leitfaden für den Dienstunterricht in der Reichsmarine“ ist eine lesenswerte Quelle für alle Dampffreunde. In der Ausgabe von 1929 findet man im Abschnitt „Die Schraubenboote“ auch noch das Kapitel „Die Dampfboote“, das ich hier für Euch abgetippt habe:[mdie1929, Seite 273]:

XVI Abschnitt.
Die Schraubenboote

1. Die Dampfboote.

       Bei der Reichsmarine werden zwei verschiedene Arten von Dampfbeibooten, die Dampfbarkassen und die Dampfpinassen, verwendet.
       Die Dampfbarkassen, größere Boote mit einem engrohrigen Wasserrohrkessel und einer dreifachen Expansionsmaschine mit Oberflächenkondensation, werden nicht mehr gebaut und die vorhandenen Bestände bei den Landmarineteilen für besondere Zwecke aufgebraucht.
       Linienschiffe und Kreuzer haben heute nur noch je eine Dampfpinaß, und zwar erhalten Linienschiffe eine Dampfpinaß Kl. I und kleine Kreuzer eine etwas kleineres Dampfboot Kl. II.
       Die Dampfpinassen sind aus Eiche gebaute, verhältnismäßig schwere, seetüchtige Fahrzeuge. Ihre Maschinenanlage besteht aus einem Zylinderkessel und einer Zweifach-Expansionsmaschine mit Oberflächenkondensation sowie den nötigen Hilfsanlagen.
       Der Zylinderkessel (Abb. 81) ist für durchschlagende Flamme gebaut. Er besteht aus dem Kesselmantel mit Dampfdom, den Kesselböden, der Feuerbuchse, den Feuerrohren, der Feuerungsanlage und dem Rauchfang mit Schornsteinhals und Schornstein. Der Kessel ist mit vier Kesselfüßen auf zwei starken Stringern des Bootes gelagert. Um bei Seegang das Kippen des Kessels und seine Verschiebung zu verhindern, werden die Kesselfüße durch Bolzen und Splinte gehalten. Der Schornstein jeder Dampfpinasse kann zum Einsetzen des Bootes umgelegt werden.

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        Die Kesselarmatur entspricht den gesetzlichen Vorschriften für Schiffskessel und unterscheidet sich im wesentlichen nicht von der der Hauptkessel. Für jeden Kessel sind drei Speiseeinrichtungen vorhanden. Sie bestehen aus:
    1. den angekuppelten Maschinenspeisepumpen,
    2. den Speiseinjektor und
    3. der Handspeisepumpe.
       Zur Vergrößerung der Zugwirkung ist ein Unterwindgebläse vorhanden, das von der Schraubenwelle durch eine Spiralschnur angetrieben wird. Außerdem kann der Schornsteinzug durch eine Dampfblaseinrichtung verbessert werden.
        Die Maschine ist eine Zweifach-Expansionsmaschine mit je einem Hoch- und einem Niederdruckzylinder. Die Kurbeln der Kurbelwelle sind um 90° zueinander versetzt.
       Der Kondensator wird durch zwei Kupferrohre gebildet, die zu beiden Seiten des Kiels unter der Außenhaut befestigt sind.
       Eine Luftpumpe, die durch einen Excenter von der Schraubenwelle angetrieben wird, saugt Luft und Kondensat aus dem Kondensator und drückt das Gemisch in eine Zisterne, woraus das Wasser den Speiseeinrichtungen wieder zufließt.
       Die Arbeitsweise der Maschinenanlage ist folgende: Der im Kessel erzeugte Dampf sammelt sich im Dampfdom und gelangt durch ein Hauptabsperrventil an das Manöverventil der Maschine. Öffnet man dieses, so strömt der Dampf in den H.Dr.-Schieberkasten und bei günstiger Schieberstellung in den H.Dr.-Zylinder, arbeitet hier und wird nach der Ausströmperiode dem N.Dr.-Zylinder zugeleitet. Hier wird der Dampf weitgehend entspannt und nachher dem Kondensator zugeleitet. Im Kondensator wird er niedergeschlagen, das Wasser wird von der Luftpumpe angesaugt und in die Zisterne gedrückt. Dort wird das Wasser von der in Betrieb befindlichen Speiseeinrichtung entnommen und dem Kessel wieder zugeführt. Da das Wasser einen steten Kreislauf vollführt, sind nur die Verluste durch Undichtigkeiten durch Zulaß aus dem Speisewasserbehälter zu ersetzen.
       Bei Beschädigung des Kondensators oder der Luftpumpe kann auch mit Auspuff gefahren werden. In der Abdampfleitung befindet sich ein Doppelsitzventil, welches bei Auspuffstellung den Weg nach dem Kondensator verschließt und den Abdampf durch den Schornstein ins Freie gelangen läßt.
       Da beim Auspuffbetrieb das Speisewasser nicht zurückgewonnen wird, muss die Speisung des Kessels direkt aus den Vorratstanks erfolgen. Das Boot kann dann nur verhältnismäßig kurze Zeit in Betrieb gehalten werden. Bei Wassermangel muß der Kessel im Notfalle aus See aufgespeist werden.
       Für die Unterbringung des Kohlen- und Speisewasservorrats dienen zwei Kohlenbunker und zwei Speisewasserbehälter. Jede Dampfpinaß besitzt einen Ejektor und eine Hauptlenzpumpe zum Lenzen des Bootes.


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